Rückblick Oktober 25: Erkenntnisse über das Schreiben

Wie ein einziges Buch mir half, meine Schreibblockaden zu lösen.

Schreiben ist doch einfach – oder?

Ich gehöre zu denjenigen, die schon immer schreiben wollten. Und ja – ich dachte, es würd ein Buch werden. Aber irgendwie kam ich nie dazu. Einige Jahre lang hatte ich es sogar fast vergessen.Einige Jahre lang habe ich Benutzeranleitungen für Softwareprogramme verfasst – und hatte Freude daran. Das ist sicher nicht Jedermanns Sache, aber mir viel das durchstrukturieren der Texte und der schnörkellose, eindeutige Stil leicht.

Als ich mich selbstständig machte, war für mich klar, dass ein Blog Teil meines Webauftritts sein würde. Schließlich fiel mir das Schreiben doch leicht – dachte ich. Doch sobald ich mir vornahm, einen Blogartikel zu erstellen, saß ich vor dem berühmten weißen Blatt Papier und wusste weder wie ich anfangen sollte, noch wie ich es sagen könnte. Egal was ich versuchte, ich fand die richtigen Worte einfach nicht.

Ja, ich brachte mehrere Blogartikel zustande, aber es war jedes Mal sehr anstrengend. Von Leichtigkeit oder Freude keine Spur.

Ich besuchte mehrere Blogger-Kurse, ließ mich anleiten, versuchte die Tipps umzusetzen, nutzte die Vorlagen die bereitgestellt wurden. Manches half ein wenig, aber nichts hat mich wirklich weitergebracht.

Ich las eine Reihe von Büchern zum Thema schreiben. Aber wie bei den Blogger-Kursen konnte ich jedes Mal nur einige wenige Tipps für mich übernehmen.

Bis ich auf das eine Buch stieß, in dem ich mich mit all meinen Problemen und Widerständen erkannt und gesehen fühlte. Und nicht nur das – Die Autorin zeigte Wege auf, die ich gehen konnte! Dabei gab sie keine Schreib-Tipps, sondern führt einen mit sanfter Hand eine hinderliche Blockade nach der anderen vor Augen. Das macht sie auf eine Weise, die es mir ermöglichte die eigenen Blockaden zu erkennen und Stück für Stück aus dem Weg zu räumen. Man glaubt ja nicht, wie viel Arbeit es bedeuten kann, alte Glaubenssätze aufzulösen.

Doch bevor ich dir verrate welches Buch mir so sehr geholfen hat, möchte ich unbedingt einige Erkenntnisse die ich gewonnen habe, mit dir teilen.

Ein schwieriges Thema

Tatsächlich war ich lange der Überzeugung, dass ich mir besonders schwierige Themen ausgesucht hatte. Scannerpersönlichkeit, Hochsensibilität und auch mein neues Thema: Intuition – alles nicht wirklich greifbar. Wie viel leichter ist es doch über etwas zu schreiben was man sehen und anfassen kann. Außerdem werden diese Themen teilweise sehr kontrovers diskutiert und ich wollte nicht diskutieren oder überzeugen, sondern einfach meine Sicht teilen und über meine Erfahrungen berichten – ehrlich und unverstellt. Wie soll man da einen roten Faden finden? Was ist wesentlich? Ich war nicht in der Lage das Thema zu strukturieren, bekam es nicht unter Kontrolle und dachte, das Thema sei schuld daran. Im Abschnitt „Größenwahn“ weiter unten im Artikel komme ich der Sache allerdings auf die Spur. Soviel kann ich aber schon verraten: Das Thema ist nicht das Problem. Aber der Reihe nach:

gelerntes Schreiben versus freier Ausdruck

Ich war unbewusst zu der Überzeugung gelangt, dass schreiben „richtig“ sein müsse: klar, nüchtern, strukturiert. Anfangs liebte ich in der Schule das Schreiben. Aber nach der Grundschule wurde aus dem spielerischen Schreiben von Erlebten und kleinen Aufsätzen bald ein nüchternes Analysieren – Inhaltsangaben, Erörterungen, Interpretationen. Und der Spaß am Schreiben ging verloren.

Später fand ich meine Freude am Schreiben wieder, als ich technische Anleitungen verfasste. Dort war genau das gefragt, was ich gelernt hatte und gut konnte: strukturiert, nüchtern, eindeutig formulieren.

Aber dann erkannte ich, dass das Schreiben für den Blog etwas ganz anderes braucht.

Jetzt geht es nicht um das, was ich gelernt und jahrelang praktiziert hatte, sondern um Echtheit. Das wahre Leben. Es ging nicht mehr um gefühllose Schritt-für-Schritt-Anleitungen. Ich spürte plötzlich, dass mein Schreiben viel mehr Seele brauchte – aber so hatte ich noch nie geschrieben!

Meine Kinnlade sank in Zeitlupe nach unten, als diese Erkenntnis endlich bis ganz nach unten durchsickerte. Die Autorin hatte mich von dem Druck erlöst, schon alles können zu müssen. Denn es ist für mich eine völlig neue Art zu schreiben und da ist es doch ganz normal erst einmal Schwierigkeiten damit zu haben.

Erkenntnis: Ich darf mir erlauben eine neue Art des Schreibens zu entdecken, zu erlernen und Erfahrungen damit zu sammeln. Das braucht Zeit und vor allen Dingen Übung. Und es wird großartig werden. Da bin ich mir jetzt schon sicher und ich merke in dem Moment wo ich dieses hier schreibe, wie meine Freude am Schreiben den Weg zu mir zurück findet.

Die Sucht nach Anerkennung

Ach ja, tatsächlich war mir auch das in diesem Zusammenhang nicht klar, dass ich nach Anerkennung lechtze. Aber ja – ich habe gerne und viele Jahre lang Anleitungen geschrieben und ganze Wissensdatenbanken durchstrukturiert. Zum einen, weil es mir leicht fiel, aber auch, weil ich für diese Arbeit geschätzt und bezahlt wurde. Und wiederum unbewusst hatte sich dieses Selbstverständnis auch in meine Blog-Schreibe eingeschlichen.

Ich spürte einen Stich im Herzen. Ich hatte mir nie eingestanden, dass ich nach Bestätigung suchte – sogar beim Schreiben. Mir das einzugestehen tat wirklich weh. Aber dieses Eingeständnis machte den Weg frei – für das, was ich wirklich mit dem Blog erreichen wollte:

Erkenntnis: Ich schreibe, weil ich etwas zu sagen habe – nicht, um jemanden zu gefallen.
Ich bin aus tiefstem Herzen davon überzeugt, dass jeder Mensch Intuition besitzt und vor allen Dingen – wieder entwickeln darf. Denn sie ist der Kompass, den man in seinem Leben als Orientierung braucht. Und ich möchte meinen Teil dazu beitragen, dass so viele Menschen wie möglich ihren Kompass wiederfinden und ihm wieder vertrauen.

Größenwahn

Aus den bis hierher genannten Erkenntnissen ergab sich dann die nächste Einsicht: Ich dachte, ich müsste ein perfektes Ergebnis abliefern.

Folgende Aussage der Buch-Autorin spiegelte mein Empfinden exakt wieder:

„Ich steckte fest, aber nicht, weil ich den Stoff nicht im Griff hatte, sondern weil ich mich zu sehr bemühte, ihn zu kontrollieren. Ich wollte beweisen, wie gut ich war.“

Was für einen gewaltigen Druck hatte ich mir doch mit diesem Anspruch, perfekt zu sein, gemacht! Ich musste laut auflachen, als ich das las – befreit, gelöst, mit einem tiefen Gefühl der Erleichterung.

Erkenntnis: Ich wollte zu sehr beweisen, dass ich es „kann“. Ich muss nichts beweisen. Ich darf einfach schreiben.

Vertrauen – in Schreiben, Leben und Intuition

Gestärkt von diesen Erkenntnissen und dem zunehmenden Vertrauen, dass diese Autorin keine Regeln vorschreiben möchte, sondern ein aufrichtiges Interesse daran hat, anderen Menschen bei ihrem Weg des Schreibens zu unterstützen, konnte ich auch diese Aussage von ihr voll und ganz unterstützen:

„Seinem eigenen Verstand zu vertrauen und Vertrauen in die eigene Erfahrung zu entwickeln, ist eine derart grundlegende Lehre, dass ich nie müde werde, darüber zu reden.“

Wie recht sie hat. Ja, was sie da formuliert hat, ist so elementar, dass ich es um das Wesen der Intuition ergänzen möchte:

„Lerne, deinem Verstand und deiner Erfahrung zu vertrauen – und lerne, deiner Intuition zu vertrauen.“

Ihr Zen-Meister sagte einst zu ihr:

„Warum meditierst du eigentlich? Warum lässt du das Schreiben nicht diese Funktion übernehmen? Wenn du dich dem Schreiben ernsthaft widmest, wird es dich überall hinführen.“

Ich habe diesen Satz für mich weitergedacht:

„Wenn du deiner Intuition aus tiefster Seele vertraust, dann hast du deinen inneren Kompass gefunden – und er wird dich überall hinführen, wo du hinmöchtest.“

Erkenntnis: Wie beim Schreiben ist auch das Vertrauen in die Intuition kein linearer Prozess. Es ist ein Übungsweg, der uns mit unserem eigenen Leben konfrontiert. Doch wer sich darauf einlässt seine Blockaden zu lösen, wird sich selbst verstehen lernen und erkennen, welche Wege richtig für ihn sind.

Räume, Ablenkungen und andere Fallen

Ein Gedanke, der mich ebenfalls sehr getroffen hat, war das Kapitel über den „Raum zum Schreiben“.
Ich erkannte mich darin wieder: die Vorstellung, dass ich erst schreiben könne, wenn der Schreibtisch aufgeräumt ist, der Raum schön gestaltet, alles perfekt vorbereitet.

Das kann sich ebenso im Kleinen ausdrücken. Man besorgt sich erst einmal ein schönes Notizbuch, nimmt sich viel Zeit dafür, um auch wirklich das Schönste zu finden. Schließlich sollen dort ja die wertvollen eigenen geistigen Ergüsse hineinfließen.

Und so kann man es auch mit der Auswahl des richtigen Stiftes fortsetzen – und entwickelt dabei immer neue Ansprüche an das perfekte Schreibgerät – kommt aber nicht ins eigentliche Tun.

Doch die Autorin beschreibt, dass dieser Wunsch nach dem perfekten Raum oft eine subtile Form der Vermeidung ist. Wir investieren Energie in Vorbereitung, statt ins Tun.

Und wieder ein Volltreffer! Ich kam mir beim Lesen allmählich vor wie beim Spiel „Schiffe versenken“. Noch ein Treffer und alles was mir unbewusst an Überzeugungen lieb und teuer war, würde mit meinem Schiff untergehen. Diese Erkenntnisse zuzulassen fühlte sich wirklich ein bisschen wie ertrinken an.

Ich brauchte ein paar Momente, musste mehrmals nach Luft schnappen – und dann stieg die Erkenntis hoch, dass die alten Überzeugungen nicht mich (mein Schiff) trafen, sondern den Ballast den ich bewusst oder unbewusst aufgesammelt hatte. Dieser Ballast, die Glaubenssätze waren kein wertvolles Gut mehr. Sie haben vermutlich irgendwann einmal Sinn gemacht, aber inzwischen nicht mehr zur Lebenssituation passen und nur noch noch hinderlich sind.

Als Lösung empfiehlt sie einfach preiswerte Spiral-Notizblöcke zu besorgen. Da das Buch bereits 1986 erschien, als das Schreiben am PC noch nicht üblich war, ergänze ich es hiermal mit dem Satz: Nimm das was du gerade zur Hand hast.

Und so schnappte ich mir die Tastatur und schrieb drauflos. Fest entschlossen ersteinmal den allergrößten Unsinn zu schreiben, völlig befreit von irgendwelchen Regeln oder Vorgaben. Ich begann zu tippen ohne nachzudenken. Erst Unsinn, dann Gedankenfetzen, Erinnerungen. Und allmählich tauchten neue Gedanken auf. Das Schreiben wurde leichter und leichter und ich begann regelrecht zu glühen. Diese Freude! Ich war wie im Rausch und am Ende hatte ich den Rohentwurf des Blogartikels den du hier gerade liest, geschrieben.

Und statt wochenlang daran herumzudocktern, oder ihn überhaupt nicht zu schreiben, brauchte ich dieses Mal nur 3 Tage. Am ersten Tag den Rohentwurf, dann das Ausformulieren und am dritten Tag das Finetuning.

Wer ist diese sagenhafte Autorin

Das sind nur einige Erkenntnisse. Selbstverständlich wird es immer mal wieder Schreibblockaden geben. Niemand, auch große Schriftsteller:innen nicht. Aber was mir hier passiert ist, war so umfassend, weil es wesentliche Überzeugungen beseitigte, die mich grundsätzlich vom Schreiben abhielten. Und das wichtigste: meine glühende Freude am Schreiben ist wieder da!

Und wenn mich das nächste Mal eine Schreibblockade erfasst, dann weiß ich wo ich nachschauen kann, um sie zu beseitigen. Das Buch hält noch sehr viel mehr Tipps parat.

So, und nun endlich die Auflösung: Es ist von Natalie Goldberg und heißt:

„Schreiben in Cafés“

Vielleicht ist es auch etwas für dich? Dieses Buch eignet sich übrigens hervorragend, um seine eigene Intuition zu stärken. Es enthält über 60 kurze Kapitel, die in sich abgeschlossen sind. Man kann also mittendrin reinspringen und sich dem Thema widmen das einen gerade umtreibt. So habe ich es auch gemacht und so würde ich es dir auch empfehlen. Gehe in das Kapitel das dich gerade anzieht.

Lass dich von deiner Intuition leiten!

Mein Fazit des Monats

Dieses Buch hat mir nicht nur geholfen, meine Denkblockaden über das Schreiben zu erkennen, sondern auch meine Beziehung zur Intuition zu vertiefen. Vieles von dem was Natalie Goldberg über das Schreiben sagt, trifft auch auf die Intuition zu:

Wenn ich schreibe, vertraue ich.
Wenn ich vertraue, bin ich authentisch.

Und so wie Natalie Goldberg das Schreiben als spirituelle Praxis versteht, sehe ich die Intuition als inneren Lehrer an. Und dass es wahr ist, zeigt sich an diesem Artikel – denn auch er brachte mir eine Einsicht:

Schreiben und Intuition haben etwas gemeinsam. Sie sind durch Vertrauen und Loslassen miteinander verbunden. Und beide zeichnen sich dadurch aus, dass es in ihren Prozessen keine perfekte Form und keinen linearen Prozess gibt. Nur den nächsten ehrlichen Satz und den nächsten stimmigen Schritt.

3 Gedanken zu „Rückblick Oktober: Erkenntnisse über das Schreiben“

  1. Pingback: KW44/2025: Alle TCS-Blogartikel - The Content Society

    1. Wie schön zu lesen, dass du dich in meinen Worten wiederfinden kannst. Darüber freue ich mich sehr. Etwas aus sich selbst heraus zu entwickeln ist doch das Schönste auf der Welt.

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